Hinter diesem Begriff verbirgt sich der Grundstein des Reitens. Solange ein Pferd nicht an den Hilfen steht, kann man nicht wirklich reiten. Doch was bedeutet das überhaupt? Wenn man von einem Pferd sagt, es stehe an den Hilfen, meint man damit, dass es aufmerksam den Anweisungen des Reiters folgt und sich nicht gegen die Hilfen wehrt. Dass ein Pferd an den Hilfen steht ist wichtig, denn das erleichtert die Kommuikation zwischen Reiter und Pferd ungemein und macht Reiten somit für beide angenehmer. Mit «an die Hilfen stellen» ist das Bemühen des Reiters gemeint, das Pferd dazu zu bringen, an den Hilfen zu stehen. Wie das geschieht variiert oft von Pferd zu Pferd ein wenig. Im Allgemeinen erreicht man es durch viele Wendungen, häufige Handwechsel und Übergänge. Je mehr das Pferd beschäftigt wird, desto eher wird es sich auf den Reiter konzentrieren (müssen). Ein korrekt an den Hilfen stehendes Pferd geht gelöst mit schwingendem Rücken, gibt in Maul und Genick nach. Nur so ist es auch in der Lage, die Hilfen des Reiters prompt umzusetzen.
Geht dein Pferd vorwärts-abwärts, wird es irgendwann auch beginnen, die Anlehnung an den Zügel zu suchen. Ist die Anlehnung da, treibst du das Pferd bei stehender Hand in den Zügel (durchhaltende Zügelhilfe). Es wird darauf mit den Hinterbeinen besser unterteten, sich vorne ein wenig aufrichten und dem Druck auf das Maul nachgeben. Seine Nasen–Stirnlinie steht nun idealerweise eine Handbreit vor der Senkrechten. Je nach Ganaschenfreiheit kann der Winkel bis zu 40° betragen. Das ist die Position, in die der Kopf aufgrund der Schwerkraft ganz von alleine fällt, wenn das Pferd ihn nicht durch Muskelkraft festhält. Da der Begriff «am Zügel» die Aufmerksamkeit eigentlich nur auf den Kopf des Pferdes lenkt, ist er mit Vorsicht zu geniessen. Alleine die Haltung des Kopfes macht nämlich noch kein korrekt gerittenes Pferd aus.
Wichtig |
Ein Pferd das den Kopf an der Senkrechten hält und dabei nicht über den Rücken geht, geht nicht korrekt am Zügel! |
Steht die Profillinie in oder hinter der Senkrechten, geht das Pferd zu eng. Erinnere dich an die S-förmige Halswirbelsäule, die nur verlängert werden kann, wenn sich das Pferd vorwärts-abwärts streckt! Das Pferd muss die untere Halsmuskulatur anspannen (verkürzen), um den Kopf in dieser Position zu behalten. Das führt zu Verspannungen im ganzen Körper. Ausserdem werden seine Ohrspeicheldrüsen gequetscht, wenn das Pferd den Kopf hinter der Senkrechten hält. Der Fachausdruck dafür heisst «hinter dem Zügel gehen».
Gibt das Pferd nicht nach sondern lehnt sich gegen die Hand des Reiters, sagt man es gehe «gegen den Zügel». Versucht es den Zügelhilfen mit hoher Kopfhaltung nach oben zu entkommen, so geht es «über dem Zügel». (Siehe Foto unten) «Auf den Zügel» oder «auf die Hand» legt sich ein Pferd, das Schwierigkeiten mit seinem Gleichgewicht hat. Es benutzt die Reiterhand als Stütze, quasi als fünftes Bein. Da kommen so einige Kilos zusammen, die du dann in der Hand zu tragen hast.
Kennst du das Gefühl, dass deine Hilfen
irgendwie nicht durch das ganze Pferd durchkommen?
Bei einem Pferd, das nicht durchs Genick geht,
bleiben sie irgendwo im Pferd stecken. Geht es hingegen durchs Genick hast du das
Gefühl, dass eine Verbindung vom Maul bis zur
Hinterhand besteht. Deine Hilfen fliessen ohne
Blockade durchs ganze Pferd hindurch. Du
spürst es in der Hand, wenn du die Hinterhand
des Pferdes herantreibst. Das Pferd gibt im Genick
nach, seine Bewegungen und die Verbindung zum Maul
fühlen sich weich an. Das Genick (liegt direkt
hinter den Ohren) ist der höchste Punkt des
Pferdes.
Übertreibt man es mit dem «durchs
Genick stellen» oder will das Pferd in die
Haltung zwingen, kommt meist der sogenannte
«falsche Knick» dabei heraus. Das Pferd
gibt dann nicht mehr im Genick sondern im dritten
und vierten Halswirbel nach. Der Hals ist nicht
mehr gleichmässig gebogen; man sieht mehr oder
weniger deutlich den Knick hinter dem Genick. Das
Pferd kommt mit dem Genick zu tief, rollt sich
oftmals auch auf. Korrekt wäre, wenn das
Genick der höchste Punkt ist. Auf der
Abbildung links siehst du, dass ein solches Pferd
eigentlich gar nicht am Zügel geht, auch wenn
es auf den ersten Blick so aussehen mag. Würde
es nämlich nicht hinter dem Genick abknicken, ginge es
für alle leicht erkennbar gegen oder gar
über dem Zügel! Ein Pferd, mit falschem
Knick muss sich mächtig anstrengen um seine
Haltung beizubehalten. Eines, das hingegen
über den Rücken und korrekt durchs Genick
geht, braucht nur wenig Arbeit zu leisten. Wenn es
im Genick nachgibt, fällt sein Kopf infolge
der Schwerkraft ganz von allein in die korrekte
Position.
Ein zufriedenes Pferd sollte bei möglichst
geschlossenem Maul ruhig auf dem Gebiss kauen.
Dabei speichelt es das Gebiss ein, wodurch dieses
angenehmer im Maul liegt. Stell dir vor, du
würdest beim Kaugummikauen keinen Speichel
bilden – Ich denke nicht, dass du den
Kaugummi sonderlich geniessen könntest. Doch
das ist nicht der einzige Grund, weshalb
erwünscht ist, dass das Pferd auf dem Gebiss
kaut. Durch das Kauen wird das Pferd nämlich
auch geschmeidig im Genick und Muskeln in Hals und
Rücken lösen sich. Dadurch lässt
sich das Pferd nicht nur besser beizäumen, es
kann so auch besser im Rücken schwingen und
mit der Hinterhand besser untertreten. Bei einem
Pferd, das ruhig auf dem Gebiss kaut, bildet sich
ein feiner Schaumrand auf den Lippen – wie
Lippenstift.
Nicht zu verwechseln ist korrekte
Maultätigkeit mit nervösem Kauen auf dem
Gebiss! Bei korrekter Maultätigkeit sollte
sich nur wenig Schaum um das Maul herum bilden.
Schäumt das Pferd so stark, dass es
Schaumflocken auf der Brust oder an seinen Beinen
hat oder dass der Speichel auf den Boden tropft,
ist das ein weniger gutes Zeichen. Man kann dies
oft bei Pferden beobachten, die mit einer Kandare
und Unterlegtrense oder einem anderen Gebiss
geritten werden, das eigentlich zu gross ist
für den wenigen Raum in der Mundhöhle
(Das Pferd versucht das unangenehme Gebiss durch
Kauen loszuwerden und bildet dabei Speichel, den es
aufgrund des Gebisses nur schwer schlucken kann),
sowie bei Pferden, die hinter dem Zügel
geritten werden. Das liegt daran, dass die Muskeln
am Unterhals, die den Kopf rückwärts
ziehen, auch mit dem Zungenbeinkörper
verbunden sind. Ein Pferd, das hinter dem
Zügel geht, kann kaum schlucken. Folglich
tropft der Speichel vorne aus dem Maul. Mit
korrekter Maultätigkeit hat das aber wenig zu
tun, da ein hinter dem Zügel gehendes Pferd im
Bereich der Backen so verkrampft ist, dass es gar
nicht zufrieden kauen kann.
Übrigens kann man auch gebisslos gerittene
oder longierte Pferde bisweilen mit
«Schäumchen-Lippenstift» kauen
sehen. Das korrekte Kauen hat also nichts mit dem
Gebiss im Maul zu tun sondern ist ein Zeichen von
Losgelassenheit.