Hilfszügel: Was und wieMartingalAusbindezügel
StosszügelDreieckszügelLaufferzügelSchlaufzügelThiedemannzügel
ChambonGogueHalsverlängererHarbridge-Trainingshilfe

Schlaufzügel

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Zweck

Der Schlaufzügel sollte eigentlich auch dazu dienen, das Pferd in die Dehnungshaltung zu locken. Stattdessen wird er meist leider dazu missbraucht, den Kopf des Pferdes in eine feste Position zu zwingen. Oft wird er auch bei stürmischen Pferden angewandt, um sie besser kontrollieren zu können.

Verschnallung

Der Schlaufzügel sieht aus wie ein überlanger Zügel. Er wird unter dem Bauch am Sattelgurt befestigt und zwischen den Vorderbeinen hindurch durch die Gebissringe geführt. Von da läuft er dann in die Hand des Reiters. Der Reiter hält also zusätzlich zu den normalen Zügeln noch ein zweites Zügelpaar in der Hand. Die Zügelführung ist jedoch nicht identisch mit derjenigen beim Reiten auf Kandare.
Als Longierschlaufzügel wird der Schlaufzügel wie ein Dreieckszügel verschnallt, wobei die Wirkungsweise dann mit diesem identisch ist.

Wirkungsweise

Der Schlaufzügel funktioniert nach dem Flaschenzugprinzip. Der Reiter kann mit demselben Kraftaufwand doppelt so viel Zug auf das Pferdemaul ausüben. Schlaufzügel haben aber bereits durch ihr Eigengewicht eine gewisse Wirkung. Sie täuschen das Gefühl des Reiters extrem. In der Regel treibt und gibt ein Reiter mit Schlaufzügel zu wenig nach, weil die Zugwirkung des Schlaufzügels stark unterschätzt wird. Mit einem Schlaufzügel können mehrere hundert Kilogramm Zug auf das Genick eines Pferdes ausgeübt werden! Bei korrektem Gebrauch hängt der Schlaufzügel grösstenteils durch und macht das Pferd nicht eng im Hals.

Vorteile

Schlaufzügel kann der Reiter jederzeit und so weit als nötig nachgeben, wenn das Pferd sich zu dehnen beginnt. So kommt es nicht hinter die Senkrechte.

Nachteile

Der Schlaufzügel ist sehr anspruchsvoll in der Handhabung. Wer nicht ganz genau weiss, was er tut, kann damit grossen Schaden anrichten. Der Schlaufzügel ist nur etwas für ausserordentlich gute, geschickte Reiter mit viel Gefühl und Sachverstand. Die Tatsache, dass man vier Zügel in den Händen hält, macht den Schlaufzügel schon anspruchsvoll genug. Hinzu kommt noch die Flaschenzugwirkung, welche die Kraft des Reiters vervielfacht. Einem Reiter mit Schlaufzügel ist ein Pferd praktisch wehrlos ausgesetzt. In den Händen des Durchschnittsreiters hat ein Schlaufzügel nichts verloren. Selbst die meisten Profis, die sogar auf Weltklasseniveau reiten, sind nicht in der Lage, einen Schlaufzügel sinnvoll einzusetzen und missbrauchen ihn auf schändlichste Art und Weise. Der Grossteil der Reiter, die den Schlaufzügel einsetzen, bringt das Pferd nur durch mechanischen Zwang dazu im Genick nachzugeben, erreicht mit diesem Hilfszügel aber keine Losgelassenheit.

Thiedemannzügel

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Zweck

Der Thiedemannzügel – auch bekannt als Köhlerzügel – ist eine etwas entschärfte Variante des Schlaufzügels.

Verschnallung

Am Sattelgurt wird ein Riemen befestigt, der zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hindurch läuft. Er teilt sich dann in zwei Enden, die rechts und links durch den Gebissring geführt und dann an an den Zügeln angebrachten Metallringen befestigt werden.

Wirkungsweise

Der Thiedemannzügel verschärft die Zügelhilfen des Reiters, wenn das Pferd gegen den Zügel oder über dem Zügel geht. Sobald die beiden Riemen vor der Brust nicht mehr durchhängen setzt die Wirkung ein. Der Thiedemannzügel vervielfacht dann den Zug genau gleich wie ein Schlaufzügel.

Vorteile

Der Thiedemannzügel ist für den Reiter einfacher zu bedienen als ein Schlaufzügel, weil er nur ein Zügelpaar in der Hand führt. Anders als beim Schlaufzügel kann der Reiter auch nicht stärker einwirken solange das Pferd den Kopf nicht zu weit nach vorne oder oben nimmt – vorausgesetzt der Hilfszügel ist nicht zu kurz eingestellt.

Nachteile

Für Reiter mit unruhiger Hand ist der Thiedemannzügel ungeeignet. In deren Hände kann ein Thiedemannzügel das Pferd nur im Maul stumpf machen. Überhaupt sind Thiedemann- und Schlaufzügel in der Regel nicht gerade förderlich für ein weiches Pferdemaul.

Chambon

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Zweck

Das Chambon (sprich «Schahbo» mit nasalen Vokalen) wird nur beim Longieren verwendet. Es bringt dem Pferd durch Druck auf Nacken und Maul bei, den Kopf zu senken.

Verschnallung

Zum Chambon gehört ein spezielles Nackenstück an dem zwei seitliche Ringe befestigt sind. Das Chambon wird wie folgt verschnallt: Ein Riemen führt vom Sattelgurt zwischen den Vorderbeinen hindurch vor die Brust des Pferdes. Dort sind zwei lange Seile am Riemen angebracht, die durch die Ringe des Nackenstücks laufen und in die Gebissringe eingehakt werden.

Wirkungsweise

Bei hoher Kopfhaltung drückt das Chambon auf das Genick und die Maulwinkel des Pferdes. Sobald das Pferd Kopf und Hals senkt, lässt der Druck nach und fällt bei korrekter Haltung völlig weg.

Vorteile

Dieser Hilfszügel eignet sich sehr gut für Pferde, die Mühe haben, den Hals fallen zu lassen und in die Dehnungshaltung zu finden.

Nachteile

Das Chambon bietet keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung. Es ist nicht so einfach zum Einstellen. Zu lang verschnallt ist es wirkungslos und kann zur Stolperfalle werden. Wird es zu kurz verschnallt kann sich das Pferd festziehen und sich ernsthafte Verletzungen zuziehen.

Gogue

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Zweck

Das Gogue («Gohg» ausgesprochen) bringt das Pferd über Druck auf das Genick und das Gebiss dazu, Kopf und Hals fallenzulassen und im Genick nachzugeben.

Verschnallung

Im Prinzip ist das Gogue eine Variante des Chambons, die jedoch auch unter dem Reiter verwendet werden kann. Der Unterschied liegt darin, dass die Seile nicht in die Gebissringe eingehakt werden sondern durch diese hindurch wieder rückwärts führen.
Man unterscheidet zwischen dem unabhängigen und dem geführten Gogue. Beim unabhängigen Gogue werden die Seile wieder am Bauchriemen eingehakt. Beim geführten Gogue werden sie entweder wie bei einem Thiedemannzügel an den Zügeln befestigt oder führen direkt in die Reiterhand = zwei Zügelpaare wie beim Schlaufzügel oder der Kandare. Die erste Variante des geführten Gogues wird auch «Gogue-Zügel» genannt.

Wirkungsweise

Das unabhängige Gogue wirkt fast gleich wie das Chambon, allerdings mit rückwärtsweisender Wirkung. Das geführte Gogue, das in die Reiterhand führt, kann der Reiter nach Belieben nachfassen oder nachlassen.

Vorteile

Dehnungshaltung ist mit dem Gogue gut möglich, ohne dass das Pferd wie bei vielen anderen Hilfszügeln hinter die Senkrechte gezogen wird.

Nachteile

Das Gogue bietet keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung. Im Vergleich mit dem Chambon fällt vor allem die rückwärtsweisende Wirkung auf. Das geführte Gogue kann bei falscher Handhabung wie ein Schlaufzügel wirken und ist wegen der doppelten Zügelführung recht anspruchsvoll.

Halsverlängerer

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Zweck

Der Halsverlängerer ist ein Hilfszügel aus elastischem Material. Gemeinhin wird er daher oft auch einfach «Gummi» genannt, wobei damit hin und wieder auch andere elastische Hilfszügel gemeint sein können. Der Halsverlängerer soll das Pferd in die korrekte Haltung bringen und ihm durch die Elastizität ermöglichen, sich vorwärts-abwärts zu dehnen ohne hinter den Zügel zu kommen.

Verschnallung

Die Mitte des Gummiseils wird über das Genick des Pferdes gelegt. Mittels eines Schiebers kann die Länge eingestellt werden. Die beiden Enden des Seils werden rechts und links durch die Gebissringe geführt und dann entweder unterhalb des Sattelblatts am Sattelgurt befestigt oder zwischen den Vorderbeinen hindurch geführt und unten am Sattelgurt befestigt.

Wirkungsweise

Der Halsverlängerer gibt zwar nach, wenn er gespannt wird, gleichzeitig nimmt aber auch der Druck auf Gebiss und Genick zu.

Vorteile

Keine

Nachteile

Allein schon der Name dieses Hilfszügels ist irreführend. Er verleitet das Pferd entweder dazu, gegen den Zügel anzugehen oder – was häufiger der Fall ist – das Pferd verkriecht sich hinter dem Zügel und wird eng im Hals. Keinesfalls lernt es aber mit dem Halsverlängerer, sich vertrauensvoll vorwärts-abwärts an das Gebiss heranzustrecken. Das Problem am Halsverlängerer ist eben gerade, dass er elastisch ist, auch wenn das viele Reiter als Vorteil sehen. Das Pferd kann sich zwar theoretisch fast endlos dehnen aber es wird dafür nicht belohnt, sondern bestraft, weil der Zug auf Maul und Genick zunehmen je stärker das Gummiseil auseinandergezogen wird.
Du kannst es ganz einfach selber ausprobieren: Nimm ein elastisches Band und zieh es auseinander. Du wirst sehen, dass du stärker ziehen musst, je weiter du das Band dehnst. Dies veranlasst das Pferd eher dazu, dem Druck nach hinten nachzugeben als sich vorwärts-abwärts zu dehnen; Oder aber das Pferd gewöhnt sich an den Druck und lernt somit sich auf den Zügel zu legen.
Ein weiterer Nachteil ist, dass der Halsverlängerer bei korrekter Verschnallung (er hängt in Normalstellung des Pferdes durch) kaum Einwirkung hat, wenn das Pferd gegen den Zügel angeht. Er dehnt sich erstmal gehörig bevor der Druck so stark wird, dass das Pferd davon beeindruckt ist. Damit es dem Pferd nicht möglich ist, in dieser unerwünschten Haltung zu gehen muss der Halsverlängerer viel zu kurz verschnallt werden: Man muss ihm dem Kopf schon fast auf die Brust binden.
Der Halsverlängerer eignet sich also nicht dazu, dem Pferd die Dehnungshaltung schmackhaft zu machen. Genausowenig ist er aber zu gebrauchen um ihm Anlehnung zu geben, da er ständig nachgibt.
Im Endeffekt trainiert ein Halsverlängerer in der Regel vor allem den Unterhals des Pferdes, trägt aber nichts zu seiner Rittigkeit bei.

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Die oben genannten Nachteile treffen im übrigen auf alle elastischen Hilfszügel zu, egal ob Halsverlängerer oder Gummiausbindezügel.

Nebenstehendes Foto verdeutlicht die fehlende Einwirkung «dank» Elastizität an einem Dreieckszügel aus Gummiband: Dieser Hilfszügel war eigentlich schon etwas zu kurz eingestellt. Er hing erst durch, wenn das Pferd sich im Hals eng machte und hinter den Zügel kam. In Schritt und Trab blieb der Kopf des Pferdes denn auch dort. Wie man sieht war das Gummiband aber im Galopp völlig wirkungslos. Das Pferd geht mit genau so hoher Kopfhaltung wie wenn es keinen Hilfszügel tragen würde.

Harbridge-Trainingshilfe

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Zweck

Dieser Hilfszügel ist noch nicht so bekannt. Im Handel wird er mit folgenden Worten angepriesen: «Einfach, aber sehr effektiv führt die neue, patentierte ‹Harbridge›-Konstruktion Sie und Ihr Pferd zum losgelösten Reiten hin. Ihr Pferd belastet mit dieser Trainingshilfe über den Weg in die Tiefe auch ohne Ihr Eingreifen verstärkt die Hinterhand. So gelingt die Arbeit über den Rücken in vorbildlicher Haltung. Optimal fördert dies Ihren unabhängigen Sitz und die weiche Zügelführung.»

Verschnallung

Der Hilfszügel wird unten am Sattelgurt befestigt und zwischen den Vorderbeinen nach vorne geführt. Er teilt sich dann in zwei Stücke, wovon das eine links, das andere rechts in den Gebissring eingehakt wird.

Wirkung

Bei näherem Betrachten kommt man zum Schluss, dass die Harbridge-Trainingshilfe genau gleich wirkt wie ein Stosszügel. Von vermehrter Belastung der Hinterhand kann nicht die Rede sein. Kein Hilfszügel ist in der Lage, das Pferd ohne reiterliche Einwirkung bzw. Nachtreiben an der Longe vermehrt auf die Hinterhand zu setzen. Ein Hilfszügel wirkt immer nur auf Kopf und Hals des Pferdes. «Kopf runter» allein zieht nur den vorderen Teil des Rückens nach vorne, wölbt ihn jedoch nicht auf und hat erst recht keine Auswirkung auf die Gewichtsaufnahme der Hinterhand. Um ein Pferd korrekt zu reiten oder zu longieren muss die Hinterhand gezielt angetrieben werden. Nur dann verlagert das Pferd sein Gewicht vielleicht auch nach hinten und wölbt den ganzen Rücken auf. Von alleine geht nichts.

Vorteile

Siehe Stosszügel. Einziger Unterschied: Bei diesem Hilfszügel besteht wohl kaum die Gefahr eines unbeabsichtigten Nussknackereffekts.

Nachteile

Siehe Stosszügel