Hilfszügel sind zusätzlich zum üblichen Zaumzeug angebrachte
Riemen und Schnüre, die das Pferd beim Reiten und Longieren
in die korrekte Haltung bringen sollen. Wie es der Name schon sagt
dienen sie als Hilfen für Anfänger, die ihr Pferd noch
nicht selber über den Rücken reiten und an den Zügel
stellen können oder werden bei der Ausbildung und Korrektur
von Pferden eingesetzt. Das Ziel muss immer sein, vom Hilfszügel
wegzukommen; Niemals darf ein Hilfszügel als Dauerlösung
für ein Problem angesehen werden. Allein durch den Einsatz eines
Hilfszügels geht ein Pferd auch keinesfalls korrekt. Ein Hilfszügel
wirkt immer nur auf Kopf und Hals des Pferdes, viele Probleme beim
Reiten haben ihre Ursache jedoch im «Motor» des Pferdes,
sprich einer zu wenig aktiven Hinterhand und die bleibt auch untätig,
wenn sich der Kopf des Pferdes dank Hilfszügel in der korrekten
Position befindet. Man darf sich also nicht auf die Wirkung des Hilfszügels
verlassen und darf ob allem die Hinterhand des Pferdes nicht vergessen.
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Im Anfängerunterricht haben einige Hilfszügel durchaus
ihre Berechtigung. Drückt das Pferd den Rücken durch,
ist es für einen Anfänger so gut wie unmöglich,
korrekt zu sitzen und er hat erst recht keine Chance, korrekt auf
das Pferd einzuwirken und es in einer angemessenen Haltung zu reiten.
Vom Einsatz eines Hilfszügels profitieren in diesem Fall Pferd
und Reiter, denn ein Reiter, der zum Sitzen kommt, ist auch für
das Pferd angenehmer.
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Ausbildung und Korrektur verrittener Pferde: Hier scheiden sich
die Geister. Ein guter Reiter ist durchaus in der Lage, Pferde
völlig ohne Hilfszügel auszubilden, ein sehr guter
Reiter kann unter Umständen auch verrittene Pferde ohne
Hilfszügel korrigieren. Der grossen Masse der mittelmässigen
Reiter sind hier ohne Hilfszügel hingegen schnell Grenzen
gesetzt. Der Griff zum Hilfszügel ist schnell getan –
leider oft mit zweifelhaftem Erfolg, weshalb meiner Ansicht nach
Ausbildung und Korrektur Profis
überlassen werden oder zumindest unter deren Aufsicht geschehen
sollten.
Die Gegner von Hilfszügeln argumentieren, dass der Lerneffekt
für das Pferd viel grösser sei, wenn es von sich aus
in die korrekte Haltung findet als wenn sie ihm durch die Hilfszügel
vorgegeben wird. Befürworter führen dagegen an, dass
sie das Pferd nicht so lange in einer
«schlechten» Haltung reiten möchten. Es stimmt
schon, ohne Hilfszügel dauert es länger und wenn jemand
nicht so gut reitet, wird er auf diesem Weg auch nicht weiterkommen.
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Longieren: Siehe oben. Bei entsprechendem Geschick des Longenführers
läuft ein Pferd auch ohne Hilfszügel über den Rücken;
von der Dehnungshaltung bis zur Versammlung. Wer dies nicht kann,
ist mit Hilfszügeln aber sicher besser bedient, wenn das Longieren
auch einen gewissen gymnastizierenden Wert haben soll.
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Im Gelände darf nur mit gleitendem Ringmartingal geritten
werden, alle anderen Hilfszügel dürfen nur in der ebenen
Reitbahn verwendet werden. Stolpert das Pferd oder befindet es
sich in schwierigem Gelände, so braucht es den Hals als Balancierstange
um das Gleichgewicht zu halten. Kann es ihn nicht frei bewegen,
kann es stürzen und sich dabei sogar im Hilfszügel verfangen.
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Beim Springen sind ebenfalls alle Hilfszügel ausser dem gleitenden
Ringmartingal tabu, weil sie das Pferd in seiner Halshaltung behindern. Über
dem Sprung streckt sich das Pferd. Es mit einem Hilfszügel
zu reiten, der es nach vorne hin begrenzt, ist gefährlicher
Leichtsinn –
selbst wenn einer draufsitzt, der sich Weltklasse-Reiter schimpft.
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Einige Hilfszügel gehören keinesfalls in die Hände
von Anfängern. Es sind dies vor allem alle Hilfszügel,
die durch die Trensenringe verlaufen (Flaschenzugwirkung) und am
Zügel befestigt werden oder direkt in die Reiterhand verlaufen.
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Hilfszügel dürfen nicht dazu dienen, ein Pferd am Buckeln,
Steigen, Durchgehen … zu hindern. Korrekt verschnallt können
sie das auch gar nicht. Es kann sehr gefährlich werden, wenn
Pferde mit Hilfszügeln steigen, weil sie wie oben beschrieben
dabei ebenfalls den Hals als Balancierstange brauchen.
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Verwende niemals auf eigene Faust Hilfszügel, wenn du deren
genaue Wirkungsweise nicht kennst, nur
«ungefähr» weisst, wie sie korrekt verschnallt
werden und welche Vor- und Nachteile sie haben. Nicht jedes Pferd
nimmt jeden Hilfszügel an. Manche bekommen selbst bei sehr
lang verschnallten Hilfszügeln Angst und reagieren im schlimmsten
Fall sogar mit Steigen.
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Hilfszügel sollen Hilfs-Zügel bleiben, die nicht länger
als ein paar Wochen oder Monate eingesetzt werden. Einige Ausbilder
raten sogar, wenigstens alle drei Monate die Art des Hilfszügels
zu wechseln, damit man sich nicht an einen bestimmten Hilfszügel
gewöhnt.
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Die Art des Hilfszügels hängt ab vom Pferd, seinem Ausbildungsstand
und von dem, was dem Pferd Schwierigkeiten bereitet. Zum Beispiel
sind Ausbindezügel eher ungeeignet für Pferde, die dazu
neigen, sich auf den Zügel zu legen, weil sie sich auf diesem
Hilfszügel gut abstützen können.
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Der Hilfszügel muss passend eingestellt werden. Die Länge
ist nicht nur abhängig von der Grösse sondern auch vom
Ausbildungsstand des Pferdes. Junge und steife Pferde werden sehr
lang ausgebunden, bei weiter fortgeschrittenen können die
Hilfszügel je nach dem verkürzt werden. Sind die Hilfszügel
zu kurz, werden die Muskeln
überdehnt und das Pferd verspannt sich.
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Befestige Hilfszügel niemals an scharfen Gebissen mit Anzügen!
Damit werden sie zu Marterwerkzeugen.
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Das Pferd muss genügend aufgewärmt werden, bevor die
Hilfszügel eingeschnallt werden. Werden Hilfszügel – und
erst recht kurz oder gar zu kurz eingestellte Hilfszügel – gleich
von Anfang an eingeschnallt, verspannt sich das Pferd und es können
Muskelrisse entstehen. Je kürzer die Hilfszügel eingestellt
sind desto gründlicher muss das Pferd aufgewärmt werden.
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Hilfszügel dürfen, abhängig vom Pferd und der eingestellten
Länge, nie länger als 10 – 20 Minuten am Stück
eingesetzt werden. Danach muss das Pferd sich frei bewegen können,
denn die ermüdeten Muskeln müssen sich erholen, sonst
beginnen sie zu schmerzen und verspannen. Dass es in einer Anfänger-Reitstunde
ziemlich umständlich ist, mehrmals alle Hilfszügel aus-
und wieder einzuschnallen ist klar, nichtsdestotrotz ist es nicht
richtig, wenn Pferde fast eine volle Stunde lang ausgebunden werden.
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Hilfszügel müssen dem Pferd den Weg in die Dehnungshaltung
(vorwärts-abwärts) zeigen. Ein Hilfszügel, der nur
dazu verwendet wird, dem Pferd den Kopf in die Senkrechte zu binden,
verfehlt seine Wirkung und ist somit nutzlos und kontraproduktiv.
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Am Ende einer Trainingseinheit werden die Hilfszügel jeweils
wieder ausgeschnallt. Aus oben schon genannten Gründen soll
das Pferd noch einige Minuten am langen Zügel Schritt gehen
dürfen. Gleichzeitig ist dies auch eine Kontrolle: Dehnt sich
das Pferd vorwärts-abwärts hat der Reiter bzw. Longenführer
gute Arbeit geleistet.
Die Länge eines Hilfszügels ist abhängig von der Grösse
und dem Ausbildungsstand des Pferdes. Junge und steife Pferden werden
länger ausgebunden. Erst allmählich, wenn sie geschmeidiger
werden, können die Hilfszügel verkürzt werden. Korrekt
eingestellt ist der Hilfszügel dann, wenn er durchhängt,
sobald das Pferd den Kopf in der gewünschten Haltung trägt.
Er darf nicht kürzer sein als dass die Profillinie des Pferdes
sich etwa eine Handbreit vor der Senkrechten befindet. Andernfalls
kommt das Pferd hinter den Zügel, wenn es sich dehnt.